„Food Frauds“: Diese Lebensmittel werden am häufigsten gefälscht
So wird beim Essen und Trinken betrogen
„Food Frauds“, so heißen in der internationalen Kriminalsprache Lebensmittel, die gefälscht, gepanscht oder falsch etikettiert werden. So wird gefärbtes Sojaöl zu Nativem Olivenöl extra, in Massen gezüchteter Pangasius zur edlen Seezunge und Granatapfelfasern zum teuersten Gewürz der Welt. Einem Artikel der britischen Zeitung „The Guardian“ zufolge hat die gefälschte Lebensmittelindustrie einen Wert von umgerechnet rund 42,8 Milliarden Euro. Wobei der Großteil dieser Art des Betrugs unentdeckt bleibt. Hier haben wir eine Auswahl an Lebensmitteln zusammengestellt, die Betrügern besonders häufig zum Opfer fallen.
Milch
Auch Milch ist laut dem EU-Netzwerk für Lebensmittelbetrug in kriminelle Machenschaften verwickelt. Der bekannteste Fall einer absichtlichen Verunreinigung ereignete sich 2008 in China. 13.000 Babys erkrankten schwer und sechs starben, weil sie verseuchte, mit Melamin zugesetzte Milch getrunken hatten. Die häufigste Betrugsmasche bei Milch ist allerdings das Panschen mit Wasser und die fälschliche Etikettierung als Bio-Produkt.
Honig
Das flüssige Gold ist naturbelassen und allein von Bienen gemacht. So will es jedenfalls die Europäische Honigverordnung. Doch Honig ist ebenso wie Olivenöl und Milch eines der betrugsanfälligsten Lebensmittel. So kommt aus Profitgier gern mal Maissirup, Rübenzucker oder Saccharose zum Blütensaft hinzu. Falsche Sortenangaben oder Herkunftsbezeichnungen stehen bei den Fälschern auch ganz oben. Insbesondere bei hochpreisigen Produkten. Wer von uns weiß schon, wie ein 90-Euro-Manukka-Honig schmecken sollte. Zu den Fällen der so genannten „Honigwäsche“ gehört ein Fall aus dem Jahr 2013, der als „Operation Honeygate“ bezeichnet wird. Wie auf bienejournal.de zu lesen ist, wurde dabei chinesischer Honig umdeklariert und so umgerechnet etwa 175 Millionen Euro an Zollabgaben hinterzogen.
Parmesan
Während es sich bei Parmesan lediglich um einen italienischen Hartkäse aus Kuhmilch handelt, muss ein DOP-geschützter „Parmigiano-Reggiano“ aus den Regionen Parma, Reggio Emilia, Modena, Bologna oder Mantua stammen. Jedes der etwa 40 Kilogramm schweren Käseräder wird aus etwa 500 Litern der besten Milch hergestellt und ist ab einem Preis von 700 Euro zu haben. Das lässt auch Kriminelle aufhorchen. Und weil das so ist und immer mehr der luxuriösen Laibe kopiert oder gestohlen werden, will das italienische Käse-Konsortium handeln: Ab diesem Jahr soll ein digitaler Kopierschutz – in Form von winzig kleinen Mikrochips – in die Rinde von 100.000 Käserädern eingebettet werden.
Balsamico-Essig
Wer glaubt, dass es sich bei Aceto Balsamico um den echten Essig aus Modena handelt, der täuscht. Der nämlich muss die geografisch geschützte Ursprungsangabe „di Modena“ enthalten und in den Provinzen Modena oder Reggio Emilia aus ganz bestimmten Trauben und in einer Jahrhunderte alten Methode hergestellt worden sein. Den intensiv aromatischen Geschmack, die sirupartige Textur und die sattschwarze Färbung verdankt der Essig der Eichenfasslagerung. Bei dem „Aceto Balsamico Tradizionale“ kann dieser Prozess zwölf Jahre oder sogar länger dauern. In italienischen Touristen-Hochburgen wie Rom, Pisa oder am Gardasee werden kleine Fläschchen mit Weinessig gemischtem und eingefärbtem Zuckerwasser als Original verkauft, warnt die Seite de.balsamico.org.
Rindfleisch
Nur wenige erinnern sich vielleicht noch an den „Pferdefleischskandal“ von 2013. In einigen europäischen Ländern wurden Produkte wie Lasagne, Bolognese und Co. gefunden, die statt mit Rindfleisch aus bis zu 100 Prozent Pferdefleisch hergestellt wurden. Laut dem „Food Fraud Network“ der Europäischen Kommission von 2018 gehört Fleisch mit 22 Prozent ebenfalls zu den häufig gefälschten Lebensmitteln. So wird zum Beispiel hochwertige Qualität gegen minderwertige ausgetauscht oder eine falsche Herkunftsbezeichnung angegeben. 2016 erlitt in Japan ein auf Milch allergisches Kind einen Allergieschock, nachdem es ein Stück Koberind gekostet hatte. Das Steak des teuren Wagyū-Rinds war für eine bessere Marmorierung mit Milcheiweiß versetzt.
Panierter Fisch
Mit 24 Prozent gehört laut dem europäischen „Food Fraud Network“ auch Fisch zu den gern gefälschten Lebensmitteln. Das bestätigt auch eine Stichprobe der ARD-Sendung „Vorsicht Falle“. Demnach kommt nicht selten statt der teuren Seezunge billiges Pangasius-Filet auf die Teller. Und auch beim englischen Nationalgericht gibt es einen Nachgeschmack. So ergaben Untersuchen der Universität Exeter 2019, dass nicht alle „Fish & Chips“-Shops nach Originalrezept panierten Kabeljau, sondern Dornhai servieren. Dieser steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Auch bei den angebotenen Fischsorten „Huss“, „Rock“, „Flake“ und „Rock Salmon“ handelte es sich ebenso um den seltenen Dornhai.
Kaffee
Es ist das Lieblingsgetränk der Deutschen und gemahlen ein leichtes Ziel für Betrüger: Kaffee. Minderwertige oder weniger gefragte Sorten eingetütet oder beigemischt, enthalten Getreidekörner, braunen Zucker, gerösteten Mais, Pergamentpapier oder Zweige. Erst 2021 gab das Unternehmen Nestlé eine Produktwarnung heraus. Die kriminelle Produktfälschung seines löslichen Kaffees „Nescafé Gold“ soll Glas- und Kunststoffsplitter enthalten haben. „Food Fraud“ am zweitgrößten Handelsgut der Welt ist keine Seltenheit und Falschetikettierungen sind insbesondere in Brasilien beliebt. US-amerikanische Wissenschaftler aus Illinois arbeiten derzeit an einer Methode, mittels einer Art chemischen Fingerabdrucks reinen Kaffee von gestreckten Sorten zu unterscheiden.
Tee
Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sitzen gerade an der Entwicklung einer „elektronischen Nase“, die Pflanzen erschnüffeln kann. „Diese könnte dann zum Beispiel Fälschungen teurer Teesorten entlarven“, sagt Christof Wöll vom KIT. Denn wie Kaffee ist auch Tee betrugsanfällig. Die Textur und der Geruch von getrockneten und gemahlenen Blättern sind relativ leicht zu kopieren. Für Kunden ist der Unterschied nicht zu erkennen. Insbesondere dann nicht, wenn sie in Teebeuteln verpackt sind. Laut einem Bericht der Agentur „Congressional Research Service“ aus dem Jahr 2014 werden Betrugsfälle mit Tee am häufigsten gemeldet. Oft wird Tee mit Blättern anderer Pflanzen, Farbzusätzen und gefärbten Sägespänen angereichert.
Fruchtsaft
Vielleicht haben Sie sich auch schon mal darüber geärgert, dass der gekaufte Tropensaft eigentlich zu 90 Prozent aus Apfel- und Orangensaft besteht. In Österreich verklagte ein Verein für Konsumenteninformation den Hersteller „Innocent Alp“ 2018, weil dessen angepriesener „Tropical Juice“ nur etwa fünf Prozent Ananas, Mango und Maracuja enthielt. Und gewann. In Deutschland ist diese Trickserei – die so genannte Ein-Prozent-Regel – mehr oder weniger rechtlich erlaubt. So bewerben Hersteller ihre Saftmischungen mit teuren, exotischen oder besonders beliebten Obstsorten, obwohl diese gar nicht das Gros des Getränks ausmachen. Also am besten immer genau die Zutatenliste lesen.
Safran
Safran ist das teuerste Gewürz der Welt. Und das wohl am meisten gefälschte. Oft wird dabei echter Safran mit Granatapfelfasern, Färberdisteln oder eingefärbten Maisfasern gestreckt. In Pulverform kommt manchmal Glycerin, Sandelholzstaub, Bariumsulfat sowie Borax hinzu und wird mit Tartrazin gefärbt. Zu den aufgedeckten Betrugsfällen gehört die Verhaftung von 17 mutmaßlichen Mitgliedern eines kriminellen Netzwerks durch die spanische Polizei im Mai 2021, die angeblich Safran mit anderen Kräutern und Chemikalien gemischt hatten.
Bio-Produkte
Nicht-Bio-Produkte als Bio-Erzeugnisse zu deklarieren ist eine weit verbreitete Masche. Die Kontrollen sind schwierig und die Betrugsmargen hoch. Und der Kunde erkennt den Unterschied meist sowieso nicht. Laut der EU-Kommission haben sich die Betrugsfälle in den vergangenen Jahren verdreifacht. 2018 hatte zum Beispiel die italienische Gruppe „Top Agri“ herkömmlich kultivierte Produkte als Bio-Ware deklariert. Das Betrugsvolumen wurde auf drei Millionen Euro geschätzt. Seit diesem Jahr gibt es eine verschärfte Bio-Verordnung mit neuen Regelungen für die Produktion, Kontrolle und Kennzeichnung.
Schwarzer Pfeffer
Es muss ja nicht gleich Mäusedreck sein, aber auch Pfeffer wird gern und meist mit Papaya-Samen oder gefärbter Gerste betrügerisch ersetzt. Gemahlen ist er natürlich noch einfacher zu fälschen. Dann kann praktisch alles rein. Gemahlene Olivensteine zum Beispiel, Buchweizen, Hirse, Zweige. Und die erwähnten Papayasamen.
Kaviar
Kaviar ist eine der teuersten Zutaten der Welt. So kommt ein Kilo der begehrten Beluga-Sorte auf über 5.000 Euro. Wenn sie denn echt ist. Fälle von gefälschtem Fischrogen oder illegal beschafften gibt es zuhauf. 2015 zum Beispiel fanden Untersuchungen des Berliner Leibnitz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung heraus, dass große Mengen des in Rumänien und Bulgarien verkauften Kaviars falsch etikettiert oder gefälscht wurden.
Vanille
In Stangenform ist die „Königin der Gewürze“ schwer zu kopieren. Da die Vanille eines der beliebtesten Geschmacksstoffe der Welt ist, übersteigt die Nachfrage oft das Angebot. Da kommen gefuchste Gauner gern auf die Idee zu betrügen. Und so wird dem „reinen“ Vanilleextrakt das günstigere Tonkabohnenextrakt beigemischt. Die cumarinhaltige Bohne ähnelt im Geschmack und Aroma der Vanille. Noch günstiger ist die synthetische Vanille, die aus dem im Labor synthetisiertem Vanillin hergestellt wird. Das deutsche Pharmaunternehmen Merck hat vor kurzem eine Methode zur Prüfung der Echtheit von Vanille durch Analyse von chromatographischen Fingerabdrücken eingeführt.
Wein
Der bekannteste Weinbetrüger ist Rudy Kurniawan (bekannt als „Dr. Conti“). Bis 2020 saß der Indonesier sieben Jahre in einem US-Gefängnis, weil er zwischen 2004 und 2012 gefälschte Flaschen verkauft und damit Millionen gemacht hatte. Auch wenn es von diesen Kalibern wenige gibt, ist Weinbetrug nichts Neues in der Branche. Der Rebensaft wird gepanscht, gefälscht und falsch etikettiert. Experten schätzen, dass fünf Prozent der verkauften Weine gefälscht sind. Meist handelt es sich dabei um minderwertige Ware, die unter dem Namen eines renommierten Labels abgefüllt ist oder schlechte Jahrgänge, die als begehrte angepriesen werden.
Hummer
Einen ganzen Hummer zu fälschen, das wäre fast schon beeindruckend. Hummergerichte dagegen enthalten sehr wenig bis gar keinen Hummer. Das fanden US-Reporter bei ihrer Recherche heraus. Sie besuchten – von Lokalketten bis Fischbuden – 28 Restaurants und stellten fest, dass 35 Prozent der angebotenen Gerichte billigere Ersatzprodukte wie Wittling-Fisch enthielten. „Hummerravioli“ waren ausschließlich mit Käse gefüllt. Die 2013 ausgestrahlte Reportage berichtete auch von Betrugsfällen in Bezug auf die Hummerherkunft. So verkaufte ein Importeur in Südkorea angeblich in den USA gefangene Tiere als teurere kanadische Krustentiere.
Echte Rotzunge
Die Limande – wie die echte Rotzunge auch genannt wird – ist ein extrem delikater und hochwertige Speisefisch. Da es ihn nicht immer in ausreichender Menge gibt, kommt in Restaurants gerne statt der Limande die günstigere Hundszunge – auch als Aalbutt bekannt – in die Pfanne. Und das natürlich mit Profit.
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Roter Schnapper
US-amerikanische Wissenschaftler fanden in genetischen Untersuchungen heraus, dass etwa zwei Drittel der als „Red Snapper“ verkauften Fische gar keine waren. Und auch in Deutschland sind solche falschen Fische zu finden. Das Thünen-Institut für Fischerei-Ökologie hat jetzt ein Kontrollverfahren entwickelt, mit dem das Aufspüren der gefälschten Ware einfacher ist. Bei den zwei Jahre andauernden Untersuchungen am Frankfurter Flughafen gingen den Wissenschaftlern besonders oft die falschen Red Snapper ins Netz. Aber auch Meerbarben und Drückerfische sind vor Falschetikettierungen nicht sicher, insbesondere, wenn sie bereits verarbeitet im Land ankommen.
Zackenbarsch
Auch der Zackenbarsch, von dem es rund 500 verschiedene Arten gibt, ist ein gern gefälschter Fisch. Während er auf dem europäischen Festland seltener auf den Tisch kommt, ist er in den Mittelmeerländern und den USA ein beliebter Speisefisch. Die internationale Non-Profit Organisation Oceana fand heraus, dass unter dem Namen „Zackenbarsch“ oft Torpedobarsche und eine Makrelenart serviert werden – zwei Fische, die eine hohe Menge an Quecksilber enthalten.
Olivenöl
Guter Geschmack ist ja bekanntlich teuer. Das gilt auch – und besonders – für Olivenöl. Die höchste Güteklasse „nativ extra“ oder „extra vergine“ verspricht nicht nur eine ausschließloch mechanische Herstellung ohne Wärmezufuhr, sondern auch einen absolut fehlerfrei fruchtigen Geschmack und Geruch. So ein Olivenöl kostet. Und das macht es anfällig für betrügerische Machenschaften: Etikettenschwindel, gepanschte Olivenöle oder Raps- und Sojaöle werden durch Zusatz von Chlorophyll zu Olivenöl gefärbt. Wie das „Stern“-Magazin 2019 berichtete, wurden nach einer Untersuchung in Italien und Deutschland sage und schreibe 150.000 Liter gefälschtes „Natives Olivenöl extra“ beschlagnahmt.
Sushi
Laut der Oceana-Studie ist ein Drittel der Meeresfrüchte in den Vereinigten Staaten falsch deklariert. In den dortigen Restaurants sind es sogar 74 Prozent. 2015 sendeten zwei Schülerinnen aus Manhattan 60 DNA-Proben von 60 verschiedenen Fischen ein. Mit einem unschönen Ergebnis: Ein Viertel der Restaurants etikettierten Sushi und Sashimi falsch und verkauften günstige Fischarten zum Preis der teureren.
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